Vom Leben geliebt

"Manchmal... liebt einen das Leben bis zur Bewusstlosigkeit.", denkt Marie, während sie vorsichtig, auf wackligen Beinen vorwärtswankt, schwindelt... fällt?

Donnerstag, Februar 22, 2007

Wenn das ganze Leben Wochenende ist...

Montags feiern, bringt einen ganz aus dem Wochentritt raus, noch bevor diese richtig angefangen hat. Apropos feiern: Es war laut, es war schrecklich, es war voll, es war unglaublich, paradiesisch, versoffen, zo Einrichtungsgegenstände in Mitleidenschaft und - das ist beinahe das wichtigste - die Nachbarn fandens toll. Na ja gut, toll ist vielleicht ein bisschen übertrieben, aber es hat sich niemand weiter beschwert. Wenn das jetzt aber beinahe das Wichtigste ist - was ist dann das Wichtigste???

Von vorn. Ich hatte nach meiner kleinen Telefonaktion mit ungefähr 20 Leuten gerechnet und kaufte dann nach Arbeitsschluss recht euphorisch zwei Kästen Wein, 3 Flaschen Martini und einen großen Kasten Bier. Haha! Wir dürfen an dieser Stelle auf keinen Fall vergessen, dass ich immer noch mit Gipsbein und ohne Auto unterwegs bin. Ich kaufte also 3 Flaschen Martini und 5 Pizzen(gutes Maß, wie ich später feststelle). Mehr war einfach in meinen Rucksack nicht reinzukriegen.
Zu Hause angekommen, nimmt die zweite Telefonkette ihren Lauf, bei der ich meine kleine Feier zur Mitbring-Party ausrufe. Damit meinte ich eigentlich Alkohol und Essen. Als sich jedoch gegen halb zehn ziemlich genau 37 Menschen in meiner Wohnung tummeln, die ingesamt 4 Kästen Bier, 13 verschiedene Weinsorten, 2 Flaschen Wodka und weitere 3 Flaschen Martini, sowie immerhin 3 Pizzen mitgebracht haben, wird mir klar, dass jeder auch noch 2 weitere Leute eingeladen hat. Jedenfalls findet meine ZWEIraumwohnung bis Mitternacht weiterhin regen Zulauf, mit Rekordwerten von zwischenzeitlich gut 50 tanzenden, betrunkenen, sehr laut redenden Feierwütigen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich bereits aufgehört, mich um die Nachbarn oder gar meine Wohnung zu sorgen und bin einfach mittendrin, singe, trinke, tanze.

Irgendwann - so gegen eins - kommt was kommen muss: Die Polizei. Genauer gesagt zwei Polizisten. Die unheimlich nett sind. Genauer gesagt, einer ist unheimlich nett und jung und mit den grünen Augen, die durch die Uniform so betont werden sogar richtig hübsch. Denke ich noch. Bevor die Musik ausgeht, meine Freunde - oder die, die es zumindest eine Nacht lang waren - die Treppe hinutertorkeln und ich eigentlich langsam Schadensbegrenzung betreiben sollte. Und dann... ich weiß nicht mehr genau, woher es kam, sitzt dieser junge Polizist in meiner arg ramponierten Küche und trinkt mit mir Kaffee, sein Kollege wollte nicht. Romeo heißt er, Romeo Ungerer. Ich muss über diese Kombination lachen, aber er auch, er lacht mit, er kennt den Witz seit Jahren.
Am Ende tauschen wir Telefonnummern, er bietet mir an zum aufräumen vorbei zu kommen, da schaue ich mich das erste mal richtig um: Brandlöcher von Zigaretten in der Tapete - zum Glück hab ich beim Einzug nicht frisch tapeziert -, der Garderobenspiegel ist gesprungen, überall stehen leere oder halb leere Flaschen, halbverbrannte Pizzareste und irgendjemand scheint auf die SUPERidee gekommen zu sein, meine Wohnung als Platz für Graffiti zu nehmen und alle Wände zu bekritzeln, zu bemalen und da in der rechten Küchenecke haben sie tatsächlich mit diesen Sprühdosen gearbeitet... aber eigentlich. Ganz hübsch. Dann dreh ich mich zu ihm um und sag "Nee, lass ma... aufräumen, das krieg ich hin, aber vielleicht kommste einfach trotzdem vorbei?", "Vielleicht." lacht er und ist schon aus der Tür raus.

Nachdem ich erstmal meinen Restrausch ausgeschlafen hatte, machte ich mich daran, den offensichtlichen Müll zu beseitigen, was sich - dank meiner temporären Behinderung - doch als zeitaufwendig herausstellte und anderthalb Stunden später war meine Wohnung grob wieder zu erkennen. Pünktlich gegen 16 Uhr, als der Küchenboden gerade vom Wischen getrocknet war(oh wie ich wischen hasse...) klingelte es an der Tür. Es war Romeo, oh Romeo! *seufz* Was für ein herrlich kitschiger Name^^. Der schaute sich jedenfalls flüchtig in der Wohnung um, sagte was von "... nie wieder Nachtschicht... grade aufgestanden... sieht hier aber wieder ganz ordentlich aus..." wobei ich ganz stolz nickte und hängte dann ein "Lust essen zu gehen?" dran, meinem Gesicht war aber wohl abzulesen, das eine durchzechte Nacht, nicht völlig spurlos an meinem Magen vorüber geht und er fügte hastig an "Nichts großes, McDonalds oder so...".
>Ich geh mit Romeo zu McDonalds< jubelte es in meinem Kopf und ich war aufgekratzt wie ein zwölfjähriges Mädchen, das gleich seine Lieblingsboygroup trifft(nur um das klarzustellen: Ich mochte Boygroups nie nie nie!), ich schickte ihn also schon mal runter, zog mich kurz um, wonach ich für McDonalds heillos overdressed war und eilte dann - schneller als für mein Bein gut war - die Treppe hinunter.
Nachdem ich mir also beim Abstieg sämtliche Muskeln oberhalb und unterhalb des Gipses gezerrt hatte, krückte ich noch langsamer - dafür aber mit schulterbreitem Grinsen - voran. Zum Glück konnte wir mit Romeos Auto in die Stadt fahren, wo wir McDonalds mit zweimal Pommes und zwei Cola nicht unbedingt den Umsatz der Geschichte bescherten, dafür aber 3 Stunden lang die gut geheizten Plätze belegten.

Dem Blick auf die Uhr folgte dann ein "Oh schon halb acht!" und so machten wir uns wieder in Richtung meiner Wohnung. Der ziehende Schmerz in meinem Bein hat sich allerdings bisher nicht gelegt und so versuche ich krampfhaft, nicht über die Treppe, die mich erwartet nachzudenken. Nur nicht nachdenken. Doch wie es immer ist: Zeit vergeht immer zu den unpassendsten Moment zu schnell und schon sind wir da. Romeo will mich noch hochbringen sagt er, den Satz kenn ich schon von anderen, aber ich sag nichts, nicke nur. Nach den ersten sieben Stufen die ich mit verzerrtem Gesicht und komischer Körperhaltung hinter mich bringe, erbarmt sich Romeo über mich und trägt mich kurzerhand hoch. An meiner Tür angelangt, setzt er mich ab, sagt "Den Rest schaffst du alleine, nicht wahr?", küsst mich kurz und sagt, ich soll anrufen, wenn es nicht besser wird, mit dem Bein und ist - bevor ich richtig drüber nachdenken kann - verschwunden, die Treppe runter. Komisch. Die anderen, die gesagt haben, sie kämen noch kurz mit hoch, blieben immer länger.

Und jetzt jedenfalls. Sitze ich hier. Morgen kommt Nils zurück. Und ich bin Hals über Kopf in einen Polizisten verliebt, der einen komischen Namen hat und auch sonst irgendwie... ja... anders ist eben. "Lass uns doch Freunde sein..." hör ich mich schon sagen. Und es klingt schrecklich. Abgedroschen und niemals ausreichend für das, was ich sagen will. Und alles was ich sagen kann.
Morgen erst. Mal sehen. Morgen...