Vom Leben geliebt

"Manchmal... liebt einen das Leben bis zur Bewusstlosigkeit.", denkt Marie, während sie vorsichtig, auf wackligen Beinen vorwärtswankt, schwindelt... fällt?

Montag, Februar 26, 2007

Leben im Flur - Fremde im Zug - Mittendrin... ich?

Ich campe im Flur. Oder besser in dem winzigen Raum, der dafür sorgt, dass nur eine Tür ins Bad führt. Ich ernähre mich von Löffelbiscuits mit Kakao. Die Türen zu Küche und Schlafzimmer stehen offen, die Fenster in beiden Räumen auch. Es ist Musik auf den Straßen. Oder zumindest meine ich, welche zu hören. Ich lausche den Gesprächen auf der Straße, die erstaunlich gut zu hören sind, dafür dass ich mich im 4. Stock befinde. Ich trinke das Leben jedes Passanten, denke mir aus, wie er wohl aussieht, wo er herkommt, was er vor hat...
Gestern gegen 1, packte mich plötzlich eine seltsame Neugier. Lange nachdem Nils gegangen war und lange nachdem der Kaffee in seiner Tasse völlig vergessen kalt geworden ist, lange nachdem ich Stunden - Ach Leben! - zuvor wieder überzeugt wurde: Alles kommt, wie es soll. Und lange, lange nachdem Nils im Zug nach Hamburg dieses Mädchen kennengelernt hat, das zufällig auch aus dieser Stadt kommt, zufällig auch nach Hamburg fuhr und ihm in der nächsten Woche zufällig 3 mal begegnete, das Mädchen, das - wie ich nach mehrmaligem Versichern, dass ich mich für ihn freue und es mir gar nichts ausmache und ich auch jemanden kennen gelernt hatte - wunderschön war: Groß und blond und intelligent und mit einem Musikgeschmack - "Unvorstellbar!" - und irgendwie... ich weiß nicht mehr, wie Nils es gesagt hat... "Seelenverwandschaft" hat er nicht gesagt, aber ich glaube, das meinte er.
Danach jedenfalls. Nachts. Da steh ich am Fenster und erhasche einen Blick auf den älteren Mann im zweiten Stock gegenüber und frage mich, was er wohl macht, was wohl wird und fühle plötzlich Unendlichsommer am Himmel, reiße die Fenster auf, höre Vogelgesang, fackle fast die Wohnung mit Zigaretten ab, mache leise Musik an und lege mich mit dem Schlafsack in den Flur. Eine plötzliche Neugier, die mich einerseits dazu trieb jeden Funken Leben, der an mir vorbeiflog, aufzunehmen, anzusehen, umzudrehen und weiterzugeben, es mir andererseits aber nicht erlaubte, selbst direkt am Leben teilzunehmen. Einfach weil ich glaubte, meine Augen könnten mich verraten oder meine kribbelnden Hände und die Menschen könnten Angst bekommen. Vor diesem Durst. Vor dem ich selbst ein bisschen Angst habe.

Jetzt liege ich immer noch hier. Denke nach, höre zu, friere, denke an Romeo, schreibe die Leben, die ich ausdenke an die Wände... morgen Nachmittag jedoch, habe ich keine Wahl mehr, muss ich wieder arbeiten... Romeo hat zweimal angerufen und Nachrichten hinterlassen, ich habe zugehört. Nicht mehr. Morgen vielleicht. Ruf ich ihn an. Nicht weil sich unsere Verbindung geändert hat. Nur ich, ich konnte das Glück - denn das war das Rauschen in meinen Ohren - das mich so plötzlich überfiel, nicht sofort teilen konnte, nicht einfach so.
Glück darüber, wie Leben geht. Über Romeo und Nils, über Kaufland und noch-nicht-studieren, über die eigene Wohnung und die Gewissheit tatsächlich immer noch jung zu sein. Immer noch. Glück.

Ich klebe rote Kreise, die eigentlich dazu gedacht sind, Feiertage im Kalender zu markieren, an die Wände: Einen für jedes Lachen, das mich aus dem Nichts überkommt, hier im Februar, in meinem ausgekühlten Flur, im Schlafsack, mit Löffelbiscuits und Kakao. Leben im Flur. Zigaretten vor den Sternen. Besser als echt. Und immer noch der übergroße Hunger, nach allem, was mich trifft. Oder die Luft um mich herum streift. Gegenüber spielt jemand bei offenem Fenster Gitarre. Hübsch.

Donnerstag, Februar 22, 2007

Wenn das ganze Leben Wochenende ist...

Montags feiern, bringt einen ganz aus dem Wochentritt raus, noch bevor diese richtig angefangen hat. Apropos feiern: Es war laut, es war schrecklich, es war voll, es war unglaublich, paradiesisch, versoffen, zo Einrichtungsgegenstände in Mitleidenschaft und - das ist beinahe das wichtigste - die Nachbarn fandens toll. Na ja gut, toll ist vielleicht ein bisschen übertrieben, aber es hat sich niemand weiter beschwert. Wenn das jetzt aber beinahe das Wichtigste ist - was ist dann das Wichtigste???

Von vorn. Ich hatte nach meiner kleinen Telefonaktion mit ungefähr 20 Leuten gerechnet und kaufte dann nach Arbeitsschluss recht euphorisch zwei Kästen Wein, 3 Flaschen Martini und einen großen Kasten Bier. Haha! Wir dürfen an dieser Stelle auf keinen Fall vergessen, dass ich immer noch mit Gipsbein und ohne Auto unterwegs bin. Ich kaufte also 3 Flaschen Martini und 5 Pizzen(gutes Maß, wie ich später feststelle). Mehr war einfach in meinen Rucksack nicht reinzukriegen.
Zu Hause angekommen, nimmt die zweite Telefonkette ihren Lauf, bei der ich meine kleine Feier zur Mitbring-Party ausrufe. Damit meinte ich eigentlich Alkohol und Essen. Als sich jedoch gegen halb zehn ziemlich genau 37 Menschen in meiner Wohnung tummeln, die ingesamt 4 Kästen Bier, 13 verschiedene Weinsorten, 2 Flaschen Wodka und weitere 3 Flaschen Martini, sowie immerhin 3 Pizzen mitgebracht haben, wird mir klar, dass jeder auch noch 2 weitere Leute eingeladen hat. Jedenfalls findet meine ZWEIraumwohnung bis Mitternacht weiterhin regen Zulauf, mit Rekordwerten von zwischenzeitlich gut 50 tanzenden, betrunkenen, sehr laut redenden Feierwütigen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich bereits aufgehört, mich um die Nachbarn oder gar meine Wohnung zu sorgen und bin einfach mittendrin, singe, trinke, tanze.

Irgendwann - so gegen eins - kommt was kommen muss: Die Polizei. Genauer gesagt zwei Polizisten. Die unheimlich nett sind. Genauer gesagt, einer ist unheimlich nett und jung und mit den grünen Augen, die durch die Uniform so betont werden sogar richtig hübsch. Denke ich noch. Bevor die Musik ausgeht, meine Freunde - oder die, die es zumindest eine Nacht lang waren - die Treppe hinutertorkeln und ich eigentlich langsam Schadensbegrenzung betreiben sollte. Und dann... ich weiß nicht mehr genau, woher es kam, sitzt dieser junge Polizist in meiner arg ramponierten Küche und trinkt mit mir Kaffee, sein Kollege wollte nicht. Romeo heißt er, Romeo Ungerer. Ich muss über diese Kombination lachen, aber er auch, er lacht mit, er kennt den Witz seit Jahren.
Am Ende tauschen wir Telefonnummern, er bietet mir an zum aufräumen vorbei zu kommen, da schaue ich mich das erste mal richtig um: Brandlöcher von Zigaretten in der Tapete - zum Glück hab ich beim Einzug nicht frisch tapeziert -, der Garderobenspiegel ist gesprungen, überall stehen leere oder halb leere Flaschen, halbverbrannte Pizzareste und irgendjemand scheint auf die SUPERidee gekommen zu sein, meine Wohnung als Platz für Graffiti zu nehmen und alle Wände zu bekritzeln, zu bemalen und da in der rechten Küchenecke haben sie tatsächlich mit diesen Sprühdosen gearbeitet... aber eigentlich. Ganz hübsch. Dann dreh ich mich zu ihm um und sag "Nee, lass ma... aufräumen, das krieg ich hin, aber vielleicht kommste einfach trotzdem vorbei?", "Vielleicht." lacht er und ist schon aus der Tür raus.

Nachdem ich erstmal meinen Restrausch ausgeschlafen hatte, machte ich mich daran, den offensichtlichen Müll zu beseitigen, was sich - dank meiner temporären Behinderung - doch als zeitaufwendig herausstellte und anderthalb Stunden später war meine Wohnung grob wieder zu erkennen. Pünktlich gegen 16 Uhr, als der Küchenboden gerade vom Wischen getrocknet war(oh wie ich wischen hasse...) klingelte es an der Tür. Es war Romeo, oh Romeo! *seufz* Was für ein herrlich kitschiger Name^^. Der schaute sich jedenfalls flüchtig in der Wohnung um, sagte was von "... nie wieder Nachtschicht... grade aufgestanden... sieht hier aber wieder ganz ordentlich aus..." wobei ich ganz stolz nickte und hängte dann ein "Lust essen zu gehen?" dran, meinem Gesicht war aber wohl abzulesen, das eine durchzechte Nacht, nicht völlig spurlos an meinem Magen vorüber geht und er fügte hastig an "Nichts großes, McDonalds oder so...".
>Ich geh mit Romeo zu McDonalds< jubelte es in meinem Kopf und ich war aufgekratzt wie ein zwölfjähriges Mädchen, das gleich seine Lieblingsboygroup trifft(nur um das klarzustellen: Ich mochte Boygroups nie nie nie!), ich schickte ihn also schon mal runter, zog mich kurz um, wonach ich für McDonalds heillos overdressed war und eilte dann - schneller als für mein Bein gut war - die Treppe hinunter.
Nachdem ich mir also beim Abstieg sämtliche Muskeln oberhalb und unterhalb des Gipses gezerrt hatte, krückte ich noch langsamer - dafür aber mit schulterbreitem Grinsen - voran. Zum Glück konnte wir mit Romeos Auto in die Stadt fahren, wo wir McDonalds mit zweimal Pommes und zwei Cola nicht unbedingt den Umsatz der Geschichte bescherten, dafür aber 3 Stunden lang die gut geheizten Plätze belegten.

Dem Blick auf die Uhr folgte dann ein "Oh schon halb acht!" und so machten wir uns wieder in Richtung meiner Wohnung. Der ziehende Schmerz in meinem Bein hat sich allerdings bisher nicht gelegt und so versuche ich krampfhaft, nicht über die Treppe, die mich erwartet nachzudenken. Nur nicht nachdenken. Doch wie es immer ist: Zeit vergeht immer zu den unpassendsten Moment zu schnell und schon sind wir da. Romeo will mich noch hochbringen sagt er, den Satz kenn ich schon von anderen, aber ich sag nichts, nicke nur. Nach den ersten sieben Stufen die ich mit verzerrtem Gesicht und komischer Körperhaltung hinter mich bringe, erbarmt sich Romeo über mich und trägt mich kurzerhand hoch. An meiner Tür angelangt, setzt er mich ab, sagt "Den Rest schaffst du alleine, nicht wahr?", küsst mich kurz und sagt, ich soll anrufen, wenn es nicht besser wird, mit dem Bein und ist - bevor ich richtig drüber nachdenken kann - verschwunden, die Treppe runter. Komisch. Die anderen, die gesagt haben, sie kämen noch kurz mit hoch, blieben immer länger.

Und jetzt jedenfalls. Sitze ich hier. Morgen kommt Nils zurück. Und ich bin Hals über Kopf in einen Polizisten verliebt, der einen komischen Namen hat und auch sonst irgendwie... ja... anders ist eben. "Lass uns doch Freunde sein..." hör ich mich schon sagen. Und es klingt schrecklich. Abgedroschen und niemals ausreichend für das, was ich sagen will. Und alles was ich sagen kann.
Morgen erst. Mal sehen. Morgen...

Montag, Februar 19, 2007

Und Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag, Sonntag, Montag mach mer blau!

Die aktuelle Treppenzeit liegt bei guten 12 Minuten, aber das bedeutet lediglich, dass nun in immer kürzerer Zeit meinem Körper jegliche Energie entzogen wird.

Der Freitagabend war fabulös. Ich habe sogar ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, auf meinem Balkon ein kleines Lagerfeuer zu machen, so für richtiges Sommerfeeling eben... aber dann musste Nils mir diesen genialen Plan zunichte machen, weil er meinte, ich brenne nur das Haus nieder... im Nachhinein betrachtet, hatte er damit wahrscheinlich auch Recht, aber ich war schon kurz davor, einen meiner Küchenstühle zu Kleinholz zu verarbeiten und Brennspiritus drüber zu kippen. Wär doch hübsch gewesen.
Nils hat mir aber - neben seiner unglaublich rational ausgerichteten Denkweise - noch etwas anderes eröffnet: Er ist die ganze Woche in Hamburg. Nicht, dass das jetzt einer Apokalypse gleichkommen würde, nein gar nicht(da kann ich endlich mal weiter nach der großen Liebe suchen, von der ich überzeugt bin, dass sie da irgendwo wartet... nein ich bin nicht berechnend oder grausam. Ich bin Single. Mehr oder weniger...) aber warum fällt ihm das zwei Tage vorher erst ein? Ich weiß auch gar nicht genau, was er da will... nem Freund beim Umzug helfen oder eine Tante besuchen oder arbeiten... ich glaub er hat alle drei Sachen nebenbei genannt. Seltsam eigentlich. Wie das alles so zusammenfällt. Mhm. Zufälle gibts.
Jedenfalls hab ich ihn heute Morgen zum Bahnhof gebracht - wie man so versessen auf Zugreisen sein kann, ist mir allerdings unerklärlich -, ihm das Verprechen abgerungen, mir etwas mitzubringen und dann eher leidenschaftslos dem Zug hinterher gewunken. Danach habe ich jedoch wesentlich motivierter, so ziemlich alle Menschen in meinem Telefonbuch angerufen, um niemanden im Zweifel darüber zu lassen, dass in meiner Zwei-Raum-Wohnung heute große Party angesagt ist, "Aber es ist doch Montag..." - "Ähm... also ich hab morgen frei." - "Ach na dann... lass ich halt die erste Vorlesung morgen ausfallen!", yeah, that's the spirit!

Ich muss gleich erstmal noch zur Mittagsschicht nach Kaufland(das ist die, wo die Rentner schon weg und die arbeitende Bevölkerung noch nicht da ist. Der überwiegende Teil meiner Kunden, ist noch in der Ausbildung befindlich oder - natürlich nur wegen Überqualifikation - arbeitslos.) und dann Martini, Caipi, und Pizza kaufen. Und irgendwie, irgendwo mein "Bett", das ja nur aus einer Matraze besteht (noch! sage ich), so unterzubringen, dass wir die zwei Räume, die mir zur Verfügung stehen auch nutzen können.
Ach und jetzt erstmal noch Ulrike und Max von gegenüber Bescheid sagen, dass die mal keinen Koller kriegen. Wird bestimmt voll und laut heute Nacht.

Freitag, Februar 16, 2007

Head over heels

Ich bin inzwischen bei rekordverdächtigen 14 Minuten und 36 Sekunden für die Treppen. Ich blicke einem unterschreiten der 10-Minuten-Grenze in den nächsten 3 Wochen optimistisch entgegen.
Die Besucherströme reißen noch nicht ab, was gut ist, weil so andere Leute für mich einkaufen können, denn ich kann die 4 Stockwerke zwar mittlerweile gut überwinden, aber nichts dabei tragen. Jeden Tag kommen Leute vorbei und kochen Kaffee, krakeln auf meinen Gips, bringen den Müll runter und wollen die restlichen Umzugskisten auspacken. Die Welt ist doch eine gute^^.

Dafür, dass so ziemlich meine gesamte linke Körperhälte schmerzt, das Wetter für Februar ganz schön lausig ist und Frau Hermann von der Personalleitung bei Kaufland sich heute so halb hinter meinem Rücken darüber beschwert hat, dass ich letzte Woche nicht da war nur wegen dem Bein, geht es mir viel zu gut. Ich habe das Gefühl, es ist bereits Frühling, bin ganz sicher schon ein paar grüne Blätter zu sehen und zelebriere das heute Abend wohl mit einem Glas Wein und einer Zigarette auf meinem 2m²-Balkon. Frühling. Von Frühlingsgefühlen hier mal ganz zu schweigen, nicht wahr?
Ich habe das Gefühl, mir hat jemand eine Überdosis Glückspillen in den Kaffee gemischt, denn ich krieg dieses umnachtete Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Und... es hat so gar nichts mit Nils zu tun. Das wird was ganz unverbindliches, denke ich. Also wie unverbindlich sowas zwischen Tisch und Bett eben sein kann. Es ist mehr so eine Zwischenstation. Denn ab heute warte ich wieder auf Wunder. Was so ein aufstehen mit dem richtigen Fuß doch bewirken kann^^. Ich hab heute das Internet nach Unis durchforstet, nach vielen sinnvollen Dingen, die ich mit meinem Leben anfangen kann, außer in Kaufland zu verkümmern, ich hab heute morgen in den Himmel geschaut und gespürt, dass da mehr sein muss irgendwie. Vielleicht auch irgendjemand.
Ich weiß nicht und es ist auch nicht entscheidend. Frühlingsgefühle. Pünktlich mit dem Einzug der Osterhasen in die Geschäfte, ziehen sie in mein Herz ein...

Und grade Nils angerufen. Der will auch dem Rotwein, der Zigarette und meiner guten Laune teilhaben und kommt in 2 Stunden vorbei. Schön eigentlich.^^

Mittwoch, Februar 14, 2007

4 mal 21 Stufen!!!

Von wegen Montag ist Selbstmord! Nix da! Geh ich doch Dienstagvormittag noch kurz den Müll runterbringen, bevor ich mich los mache zur Schlacht an der Kasse mit verschlagenen Kunden, die nur darauf aus sind ein "Das dauert aber lange!" von sich zu geben, Fehlbons, tausenden Beschwerden, weil der Automat für die Einwegpfandflaschen schon wieder streikt und viel, viel Kleingeld. Gehe ich also mit dem Müllsack auf den Hinterhof zu dem Müllcontainer, wo mich erstmal 5 Minuten intensiven Ringens mit dem Verschlussmechanismus erwarten, nur um dann - froh, den Müll los zu sein - wieder Richtung Haustür zu gehen und mir nichts dir nichts einfach so von nem Auto angefahren zu werden. In meinem eigenen Hinterhof!! Sowas!
Stellt sich raus, es war Max(der, der mit seiner Frau Ulrike noch am Vorabend mit Sekt in meiner Wohnung stand), der sich offensichtlich auch nicht ganz von dem Sekt-Kater erholt hatte. Er redete jedenfalls ständig vom "toten Winkel", "Scheiß-Container" und allem, was man sonst noch so als Teilschuldigen heranziehen konnte - außer mir natürlich - auf der Fahrt ins Krankenhaus, die mir total unnötig erschien, das würde ein paar blaue Flecken geben, aber nichts was man in einigen Tagen Schonung nicht überwinden könnte. Aber Max bestand darauf, dass sich das ein Arzt ansah, also ließ ich ihn fahren, um ihn wenigstens soweit zu beruhigen.
Dachte ich zumindest. Die junge Frau in der Notaufnahme(Notaufnahme! Ich! Kerngesund! Sowas...) drehte meinen Kopf von einer Seite auf die andere, sah sich mein inzwischen tiefblaues Knie genauer an und meinte dann: "Na Frau Häfker, da haben Sie ja noch mal Glück gehabt: Nur ein leichtes Schleudertrauma und so wie es aussieht, ist das Bein auch nur einmal glatt gebrochen, aber dass müssen wir noch röntgen.", da war ich baff. Gebrochenes Bein? Ich habs doch geschafft bis hierher zu laufen! So ein Quatsch.
Siegessicher begebe ich mich zum röntgen, ich weiß ja, dass mein Bein nicht gebrochen ist, es tut eben nur weh von einem unsanften Kontakt mit dem Boden. Nichts weiter, das wird die Ärztin schon noch sehen. Wir röntgen. Wir warten auf die Bilder. Die Bilder, auf denen mein unbeschädigtes, linkes Bein zu sehen sein wird. Dann sind sie da. Und wie zu meinem Trost, zeigt sich nicht, das von der Ärztin prophezeite Bild: Das Bein hat keinen glatten Bruch. Das Schienbein ist an drei Stellen gebrochen. >ha!<>Bilder vertauscht<, aber die Ärztin nickt nur.

Wie durch ein Wunder mussten die einzelnen Knochenteile nicht gerichtet werden, so beschränkte man sich darauf, das Bein via Gips zu fixieren und mich eine Nacht zur Beobachtung da zu behalten. Beobachten konnten sie aber gar nix, höchstens, wie schlecht es sich in Krankenhausbetten schläft und dass ich nun wegen der zunehmenden Schmerzen, da der Schockmoment vorbei war, erstaunliche Fähigkeiten zum Jammern entwickelte.
Am nächsten Morgen entließen sie mich mit einem Päckchen Schmerztabletten in der Hand und einem Klumpen Gips am Bein, der es mir unmöglich machen würde, die 84 Stufen zu meiner Wohnung zu erklimmen. Ich brachte mich also erstmal bei Steffi unter, die eher bodennah wohnt.
Während ich dann untätig in Steffis Wohnung hockte, rief ich erstmal bei Kaufland an und entschuldigte mich für die kommende Woche und wollte dann Nils für den Mittwochskaffee absagen, da Autofahren zu einem größeren Problem geworden war. Er ließ sich aber nicht abbringen und kam kurzerhand bei Steffi vorbei um mir 2 Stunden lang die Zeit zu vertreiben. Von da an war er jeden Tag über kurz oder lang zu Besuch, brachte was vom Bäcker mit oder machte sich mit mir über 9-life-Moderatoren lustig.

Heute bin ich endlich wieder hier, auch mit Internet und allem und habe beschlossen, dass Haus nur zu verlassen, wenn es sein muss, denn 84 Stufen mit Gips und Krücken sind ein Alptraum!
So. Übermorgen gehts wieder arbeiten, ständig bekomm ich Besuch, als läg ich im Sterben, oder in der Art. Seltsam.

Montag, Februar 05, 2007

"Hallo, hallo?"

"Hallo, hallo? Hallohallohallohallooooohooo?" Niemals - nein wirklich NIEMALS betrunken Telefonnummern wählen, bei denen man sich nicht gaaaaanz sicher sein kann, wer rangeht. Nie. Dementsprechend verwundert gab sich Nils' Mitbewohner - seinen Namen hab ich unter meiner schieren Euphorie ob des Wortes "Hallo" nicht mitbekommen - als er doch recht steif ein "Moment, ich geb dir mal Nils" in den Hörer schickte. Peinlich sowas. Aber das junge Paar von gegenüber war noch hier... neuen Nachbarn begrüßen oder so(die scheinen hier echt total auszuflippen, wenn endlich eine andere verlorene Seele hier strandet) und die brachten 2 Flaschen Sekt mit. Warum es 2 sein mussten, hab ich mich auch immer wieder gefragt, aber wenn es für umsonst dreht... und mit Sekt steh ich ja eh seit Silvester 1994 auf Kriegsfuß. Damals war ich 11, durfte das erste Mal so offiziell "Ein Glas" Sekt mittrinken... und hab nie so schlimm von Alkohol gekotzt, wie in dieser Nacht.

Heute also in guter Stimmung gleich zum Telefon gegriffen und Nils' Nummer gewählt, die inzwischen an meinem Kühlschrank klebt, nicht ahnend natürlich, dass mich das schlichte Wort "Hallo" zu lautmalerischen Exzessen bewegen würde. Na ja, er fand es lustig und meint nun, Mittwochskaffee müsste unbedingt sein. Mittwoch also. 16:30Uhr. Wenn ich grade aus Kaufland gestolpert bin.
Kaufland. Das ist ja auch so ne Sache. Aber Geld gibts gut. Und als Überbrückung zum Studium - ja ich überbrücke schon einige Jahre lang - ist es gar nicht mal schlecht. Direkt nach dem Abi war ich ja erstmal 3 Monate in Neuseeland: Kiwi-Ernte. Seitdem kann ich die Früchte beim besten Willen nicht mehr sehen, geschweigedenn essen. Dann 4 Monate lang quälendes Rumgammeln zu Hause mit Studieninformation und so und dann aber doch erst noch 6 Monate als Au-Pair nach England. Nein, Kinder sind nicht meine Stärke, aber wie kommt man sonst so schnell, an 6 Monate quasi kostenfreien Aufenthalt?? Dann Studium für Wirtschaftsbeziehung Niederlande-Deutschlang angefangen, um nach 2 Monaten festzustellen, dass das so gar nix für mich ist, Studium abgebrochen und das schöne Leben genossen. Ein gutes Jahr jetzt. Aber ab Oktober solls losgehen! Theologie und Germanistik! Wenn das nix ist... bleib ich bei Kaufland^^.

Montag ist Selbstmord. Sag ich noch und geh.

Samstag, Februar 03, 2007

Aber nicht lange...

Gestern Abend P1. Wollte ja nicht lange bleiben. Nicht lange!
Na ja, bin auch nicht spät zurück oder so, sondern schon um sieben morgens aus der Kneipe gefallen und aufgemacht zu Kaufland, wo mich 4 Stunden Kassieren unter extremen Bedingungen(nämlich einem heftigen Kater und besonders unfreundlichen Kunden) erwarteten... aber wenn einmal Rum-Cola-Nacht ist, was soll man machen?
Und dann - froh einem Gespräch mit der Personalleitung entgangen zu sein - nach Hause: 84 Stufen hinauf, nur um leicht schwankend und hundemüde, die Matraze um 10 Zentimeter zu verfehlen... so fühlt sich mein Rücken jetzt auch an: Gräßlich. Als gehörte er überhaupt nicht zu meinem Körper dazu...

Aber es hatte auch sein Gutes. Der ganze weiße Rum in meinem Blut. Nämlich, dass mich Nils - mein Ritter in gläzender Rüstung(oder vielleicht wars ein zerknittertes T-Shirt) und noch dazu Eroberung des Abends(wie immer ich das gemacht habe) - ganz besorgt noch zu Kaufland gebracht hat und ein bisschen lachte, als ich sagte, ich würde jetzt arbeiten gehen und dann - genauso voller Rum wie ich übrigens - einen Edding aus der Tasche zog, um mir seine Nummer auf den Arm zu schreiben... der war aber zu klein, für Nils' ausufernde Zahlen, so dass er kurzerhand mein Top hochzog und dort die 11 Ziffern verewigte, die das Samstagmorgengefühl erst so schön machen.

Nein, hier folgt kein ewiges Geziere um den ersten Anruf. Nee. Aber mein Telefon wird heute erst noch angeschlossen... muss also noch ein bisschen warten^^.

Donnerstag, Februar 01, 2007

"Der Tag, an den du dich erinnerst..."

Ein Tag. Was für ein Tag... Immer noch Kisten. So viele Kisten. So viel Leben hatte ich doch gar nicht, dass es all diese Kartons füllen könnte. Oder? Hatte ich doch? Vielleicht ja. Vielleicht letzten Sommer noch, als wir - die fantastischen 5: Steffi, Anja, Ben, Alex und ich - in Anjas klapprigem Opel Corsa, den nur der Glaube zusammenhielt, nach Italien sind, runter nach Rom, stundenlang Autobahn und hunderte Radiolieder mitgegrölt, auch die italienischen, nach zwei Stunden, in denen wir jedes 2 mal gehört hatten... Da war so viel Leben, so viel Rausch, der hätte nicht mal in die zwei Zimmer meiner Wohnung gepasst, wenn man kein einziges Quäntchen Luft gelassen hätte... Vielleicht ist etwas davon ja noch übrig. In den Kisten irgendwo.
Heute Abend jedenfalls, da war es wieder so... ein bisschen so, als wären wir wieder kopfüber in dieses Leben gestürzt: Verrückt und frei. Cigarettes and Red Vines, das natürlich auch und Radio, das sich doch noch gefunden hat - ganz laut am Ende, schon halb aus der Wohnung: "Light my fire", The Doors. Ja. Zu den Fenstern raus in den Himmel.

Und jetzt? Das letzte halbe Glas Wein. Welcher Tag ist heute eigentlich? Schon Februar? Schon Februar... noch keinen Kalender, keine Zeit in diesen Räumen. Auch keine Uhr. Wie aus dem Leben herausgeschnitten. Wie ich. Wie ich?
Ben hat heute etwas gesagt: "Der Tag, an den du dich erinnerst, heißt >Gestern<.", das hat er gemeint, als er meinen sehnsüchtigen Blick zu den wolkenverhangenen Sternen sah, "Aber morgen, weißt du, morgen gehts ins P1, das Ende der Woche begießen, kommst du mit?" komme ich mit? Zurück in das Alte, dem ich doch entkommen wollte und nachdem ich mich zugleich sehne? Zurück?
"Nicht lange - ich bin Samstagmorgen wieder bei Kaufland an der Kasse..." schiebe ich vor, nur mal vorsichtig schauen. Vorsichtig zurück schauen, das wird ja wohl erlaubt sein...

Das Glas ist leer...
"Come on baby, light my fire
Come on baby, light my fire
Try to set the night on fire..."

Wo die Hölle genau ist? - Turmstraße 85, 6. Stock

Wenn man morgens aufwacht und das erste was man sieht, sind kalte, angegraute, rissige Fliesen und das erste was man denkt, ist "Wo bin ich? Das muss ein schrecklicher Ort sein" und man dann auch noch feststellt, dass es die eigene Wohnung ist... hat der Tag nicht mehr wirklich viele Chancen zu einem Guten zu werden.
Es scheinen immer noch genauso viele unausgepackte Kisten hier rumzustehen wie gestern, obwohl das eigentlich nicht sein kann, die Küche, in der ich dann auch mein provisorisches Matrazenlager aufgeschlagen habe, ist schließlich kistenfrei und soweit eingeräumt... Bis auf das Radio, das mich sonst zum Frühstück tatkräftig beschallt. Aber war heute nicht so schlimm. Es gab eh nur wässerigen Kaffee und ein steinhartes Brötchen vom Bäcker an der Ecke.
Überhaupt ist diese Gegend hier - meine Gegend?! - ganz anders als der Rest der Stadt... oder zumindest doch ganz anders als der Teil in dem ich vorher gelebt habe. Wenn ich aus dem Fenster schaue, blicke ich auf Straßen, auf denen genauso viel Schnee liegt wie vor 5 Monaten( - nämlich keiner!), auf Menschen, die sich hier alle nicht so recht auszukennen scheinen und vor mir erstreckt sich ein weites Labyrinth aus Häuserwänden... das ist nicht mehr meine Stadt. Nicht meine Herzstadt mit durchfeierten Nächten, bekannten Gesichtern alle paar Meter, dem Gefühl von Heimat in jeder Kneipe im Umkreis von 4 Häuserblocks... Vielleicht kommt das noch, ich will nicht zu viel erwarten.
Heute abend kommen Ben, Steffi, Anja und Alex vorbei. Einzug feiern oder so. Wüsste nicht, was es da zu feiern gäbe, außer für den Vermieter vielleicht, der sich freut, dass noch jemand in dieses trostlose Viertel geraten ist.